Mattmark Bike


Tourdatum 23.08.2025
Schwierigkeit mittel/ S1
Höhenmeter Aufstieg / Abfahrt ca. 650 Hm Aufstieg / Abfahrt
Distanz ca. 23km
Schlüsselstelle(n) keine
Charakter Asphalt, Naturstrasse, Singletrail
Zugang zum Ausgangspunkt Start ab Saas Almagell
Unterkunft/Einkehr Restaurant Mattmark
Kartenmaterial map.geo.admin, Schweizmobil
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 Für die nächsten zwei Nächte hatten wir uns in Saas Almagell einquartiert - im Hotel Kristall-Saphir, welches wir im Übrigen sehr gut weiterempfehlen können. Ziel für die Zeit im Saastal: Erkundung uns noch unbekannter Strecken.

 

Und so schwangen wir uns nach unserer Ankunft wieder mal in die Sättel unserer Drahtesel und machten uns auf zur Rundtour um den Mattmarkstausee. Diese Biketour hatten wir bis anhin noch nicht unternommen.

 

An sich ist diese Tour ein einfaches Unterfangen - Naturstrassen und Asphalt machen den grössten Teil aus, während der Singletrail nur etwa eine Strecke von etwa 2 km beträgt. Für abfahrtsorientierte Zeitgenossen also vermutlich nicht das erste Ziel. 

 

Aber landschaftlich ist die Tour wirklich schön, auch wenn der zu umrundende See ein künstlicher ist. Das alpine Panorama rundherum ist immer wieder wunderbar und lässt die verschiedensten Erinnerungen an vergangene Touren aufleben.

 

 Nebst der Landschaft darf auch der Geschichte des Mattmark-Stausees, welcher der grösste Erddamm Europas ist, etwas Zeit gewidmet werden. Kam es doch während des Baus zur schlimmsten Baustellenkatastrophe der Schweiz. Am 30. August 1965 stürzten massive Eismassen, welche sich am Allalingletscher gelöst hatten, auf die darunterliegende Barackensiedlung.  88 Menschen, die meisten davon aus der italienischen Provinz Belluno, verloren dabei ihr Leben.

 

Bereits vor diesem Unglück hatten Experten vor der Gefahr gewarnt - gab es doch immer wieder kleinere Eisabbrüche am Gletscher. Die damalige Bauleitung indes entschied sich gegen ein Warnsystem und errichtete das Lager aufgrund der Nähe zur Baustelle trotzdem in der Falllinie eines allfälligen, folgenschweren Gletscherabbruchs.  Zeit und Geld machten damals das Rennen gegen die Sicherheit der Arbeiter.

 

Tragischerweise endete sieben Jahre später der Prozess gegen die Verantwortlichen der Elektrowatt AG, der Baufirmen, der SUVA und des Kantons Wallis ohne jeglichen Schuldspruch, da die Katastrophe "nicht vorhersehbar" gewesen sei. Ein Hohn für die Hinterbliebenen der Opfer, welche am Ende gar noch Kosten für den Prozess zu tragen hatten.

 

Die entscheidende Spur für dieses Urteil hatten ETH-Professor Gerold Schnitter und der damalige Walliser CVP - Bundesrat Roger Bonvin bereits wenige Tage nach dem Unglück gelegt.

 

Während Bonvin den Medien erklärte 

 

 «Kein Mensch hat erwartet, dass sich ein derartiger Gletscherabbruch ereignen könnte.»

 

doppelte Schnitter mit folgender Aussage noch nach

 

 «Kein einziger Mensch hat je die geringste, aber auch nur die geringste Andeutung gemacht, es könnte einmal am Allalingletscher oben etwas passieren.»

 

Diese Aussagen verdichteten sich derart und dogmatisch, so dass sich nebst den Angeklagten und deren Verteidigern vor allem auch die Walliser Justiz daran orientierten und schlussendlich das erwähnte Urteil gefällt wurde. Ein Prozessausgang, beeinflusst durch Bonvin, welcher in der Anfangsphase der Mattmark-Planung als Ingenieur bei der Elektrowatt AG arbeitete und durch Schnitter, welcher zum einen als Experte des Bundes die Sicherheit des Mattmark-Projekts zu begutachten hatte und zum anderen als Chef der Versuchsanstalt für Wasserbau und Erdbau an der ETH (VAWE) als ständiger Experte der Elektrowatt tätig und in den 40er Jahren Direktor der Firma Swissboring, die am Bau des Mattmark-Staudammes massgeblich beteiligt war.  Als neutraler Beobachter oder gar Gutachter hätte somit keiner der beiden auftreten dürfen.

 

Bereits 1967 - und somit fünf Jahre vor Prozessende - war eine internationale Expertise erschienen, welche dieses Fehlurteil wohl gar nie zugelassen hätte. Dieser Bericht wurde zusammen mit anderen Akten zum Mattmark-Unglück bis 2022 unter Verschluss gehalten.

 

Mittlerweile sind die Unterlagen öffentlich zugänglich gemacht und die Hintergründe der Katastrophe wurden aus unterschiedlichen Gesichtspunkten aufgearbeitet worden. Im Buch "Mattmark 1965 - Erinnerungen, Gerichtsurteile, italienisch-schweizerische Verflechtungen" (erschienen im Rotpunkt Verlag) beschäftigen sich Herausgeberin und Mit-Autorin Elisabeth Joris zusammen mit weiteren Autoren mit Aufarbeitung der Katastrophe.

 

Heute sind die Sicherheitsvorschriften und -kontrollen auf Baustellen um ein vielfaches höher und für die Rechte der Arbeiter setzen sich Gewerkschaften hartnäckig auf vielen Ebenen ein. Doch die seelischen Wunden der Anghörigen der Opfer sind wohl auch heute, 60 Jahre später, immer noch nicht verheilt.

 

 



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