Lappland und Lofoten 2014 - Teil 1 - Es geht nordwärts...


Los geht’s..


Endlich ist er da, der 1. August 2014! Das Warten hat ein Ende! Nein, nicht das Warten auf den Nationalfeiertag-Feuerwerks-Zirkus (was ja durchaus hätte ja sein können…Rageetäli ablah lässt auch heute noch Männerherzen höher schlagen), sondern auf den Start unserer 4-wöchigen Reise in den hohen Norden.


Erste Station auf unserer Reise – Bahnhof Arth-Goldau. Es geht mit öV zum Flughafen. Bequem, mit unserem Gepäck gut zu meistern und wenn man stolzer Besitzer eines Halbtax-Abonnements ist, dann eigentlich auch noch kostengünstig. Die Preise für einmonatiges Parkieren am Flughafen Zürich betragen nämlich, je nachdem wie nahe am Geschütz man seine Karre abstellen möchte, von 275 bis hoch zu 592 Franken. Mächtige Monatsmiete für einen Parkplatz…also reisen der und die Kluge heute im Zuge und sparen das Geld lieber für die kommenden Ferien.


Einmal Umsteigen in Zürich Hauptbahnhof, nochmals eine Viertelstunde Fahrt und schon stehen wir am Flughafen. Hursch, äs hed gad ä chli Lüt hiä…es ist immer noch Ferienzeit und so wie es scheint, will heute die halbe Schweiz abheben. Nur noch kurz zwei Koffergurte gepostet und damit die Angst vor einem oder gar zwei geplatzten Koffern auch noch ausgeräumt, geht es an die Suche nach dem Gepäckschalter der Finnair. Selbstverständlich verpassen wir zuerst einmal den Abzweiger in den entsprechenden Gang und irren zwischen unzähligen anderen Reisewütigen und ihrem Gepäck umher. Auch die Flughafenpolizei unser Freund und Helfer kann uns nicht helfen. Zum Glück finden wir noch eine andere dargebotene Hand, die uns zwar nicht beim Herzumziehen unserer Rollkoffer oder beim Tragen unserer Handgepäckrucksäcke hilft, aber uns zumindest den richtigen Weg weist.


Am Gepäckschalter stehen zuerst wir, dann unsere Koffer an. Es ist so mächtig was los, dass sogar der Abtransport der Gepäckstücke immer wieder ins Stocken gerät. Ein weiteres kurzes Stocken dann nochmals beim Security Check – die Bücher in Nicoles Handgepäck erscheinen den Beamten derart mysteriös, so dass der Rucksack auf Sprengstoff untersucht wird. So richtig mit Teststreifen, Analysegerät und so…CSI Zurich Airport…Zum guten Glück haben wir heute unseren Sprengstoff zu Hause gelassen und können passieren.


Dann geht alles ganz fix, das Boarding beginnt und innert kurzer Zeit ist es auch soweit und wir heben ab. Heben ab in Richtung Finnland. Zwischenstopp in Helsinki, ein erstes Lapin Kulta und weiter geht es nach Rovaniemi im Herzen Lapplands. Und hier wird es das erste Mal spannend – wir stehen am Gepäckband, alle anderen Passagiere bis auf ein Pärchen aus Italien sind mit ihren Koffern und Taschen verschwunden und es drehen noch drei Koffer ihre Runden. Nun, leider ist keiner davon der unsrige und wir haben von den beiden Kisten, die wir in Zürich aufgegeben haben, erst die eine vom Band gezupft. Also Vermisstenmeldung aufgeben. Die Reaktion der Damen am Schalter zeigt uns, dass dies hier wohl öfters vorkommt. Sollte der Koffer mit einem der späteren Flüge eintreffen, so würden sie ihn zum Hotel bringen lassen. Das ist ja schon mal gut, dann wollen wir doch schon mal zu ebendiesem Hotel fahren, damit wir dann auch dort sind, wenn der Koffer eintreffen sollte. Leichter gesagt als getan, der Flughafenbus, der jeweils nach ankommenden Flügen in die Stadt fährt ist bereits weg und von einem Taxi oder dergleichen ist weit und breit nichts zu sehen. Was nun? Quatschen wir doch mal den Herrn von der Europcar Autovermietung an, vielleicht weiss er ja Rat. Ja, weiss er und schreitet auch gleich zur Tat und organisiert uns den Santa Express, welcher uns in Zentrum zu unserem Hotel fährt. So, nun wollen wir mal ankommen…so gut es geht natürlich. Der vermisste Koffer bremst die Ferienfreuden noch etwas…was wenn dieser gar nicht ankommen sollte…klar kann man das Meiste kaufen, aber es ist einfach nicht dasselbe wie der liebevoll eingepackte und persönliche Krimskrams.


Zur Ablenkung schlendern noch wir ein bisschen durch Rovaniemi, decken uns schon mal mit neuen Zahnbürsten und Zahnpasta ein…minimale Grundausstattung sozusagen. Im Verlauf des Samstags kommt noch das eine und andere dazu…es könnte ja wirklich sein, dass der Koffer gar nicht kommt und morgen ist Sonntag und da wollen wir ja unseren Camper holen und weiter…nun, das hätten wir uns sparen können, denn in Finnland öffnen die Supermärkte nämlich auch am Sonntag. Immer noch etwas irritiert infolge Kofferverlust, entscheiden wir uns für einen Spaziergang am Kemijoki. Hier ist aber einiges los – viele Boote und Fischer tummeln sich auf dem See, ein Speaker auf einer Tribüne begiesst die Anwesenden mit einem schier ununterbrochenen Redefluss (für uns leider unverständlich, da Finnisch) und ein Markstand nach dem andern präsentiert fangfrischen Fisch. Tja und da können wir nicht widerstehen und gönnen uns eine Portion gegrillten Lachs mit Kartoffeln und Gemüse….und das isch gad ä chli guät gsie!


Zurück im Hotel steht dann auch er da – der fehlende Koffer. Nun kann es wirklich losgehen mit unserer Reise, jawohl! Zur Feier des Tages gönnen wir uns zum Abendessen ein leckeres Rentier-Menü im Restaurant Nili, schlendern danach nochmals durch die Fussgängerzone in Rovaniemi, genehmigen uns einen Schlummertrunk und staunen ob des nicht enden wollenden Tages...



Die mobile Einzimmerwohnung startet durch


Nach geruhsamer Nacht und reichhaltigem Frühstück können wir unser Zuhause für die nächsten vier Wochen abholen – ein Fiat Ducato soll uns in und durch den hohen Norden bringen. Sollte nach der perfekten und ausführlichen Instruktion durch die sehr nette Dame des Fahrzeugvermieters eigentlich auch kein Problem sein – minutiös wird alles gezeigt und erklärt, die vorhandenen Kratzer und Beulen fein säuberlich aufgelistet und die zusätzlich gemietete Ausrüstung ausgehändigt – Grillutensilien inklusive Tisch und Stühlen und ein Handstaubsauger erster Güte (tönt mehr als dass er saugt).


Erstes Abenteuer in Finnland: Der Supermarkt. Auch sonntags von 10 – 22 Uhr geöffnet und voller spannender Dinge für uns Finnland-Neulinge. Natürlich trägt da auch die finnische Sprache ihren Teil dazu bei - bis auf ein paar wenige Worte verstehen wir nämlich nur Bahnhof. Aber wir schlagen uns gut und finden alles, was wir für die nächste Zeit benötigen. Inklusive Lapin Kulta.


Und nun geht es also nordwärts. Anvisiertes Ziel: Inari. Dort gibt es einen See und zwar den drittgrössten in ganz Finnland. Der Inarijärvi oder Inarisee bedeckt eine Fläche von über 1‘000 km2 und seine ca. 3‘000 Seen lassen ihn aus der Luft wie ein Labyrinth aus Wasserstrassen aussehen. Nach kalten Wintern kann es vorkommen, dass er bis in den Juni hinein zugefroren ist.


Aber auch schon der Weg dorthin hat einiges zu bieten – viel Wald und unzählige Seen und Flüsse prägen die Landschaft und wir werden uns so langsam aber sicher der Weite des Landes bewusst…einfach fantastisch…staunend brummen wir dahin…und plötzlich taucht es auf! Unser erstes Rentier! Live und in Farbe! Und dazu noch mitten auf der Strasse!!!!! Wir knipsen drauflos wie die Japaner auf dem Jungfraujoch – es könnte ja das letzte Rentier sein, welches wir antreffen. Nun, es war nicht das letzte. Immer wieder heisst es abbremsen und ausweichen, weil sich die Tiere an und auf der Strasse befinden. Jede Begegnung ist für uns eine kleine Sensation. Nicht so für die Brummifahrer – während wir praktisch stillstehen, um ja keines der Rentiere zu verletzen, donnern sie mit ihren LKW in vollem Karacho an uns vorbei…gebremst wird nicht, auch hier ist Zeit scheinbar Geld.


Aber wir bremsen und machen ab und an auf unserer Fahrt nach Inari auch Rast. So zum Beispiel bei der Karhunpesäkivi, der Bärenhöhle. Bei diesem ausgehölten Findling soll es sich um eine umgedrehte Gletschermühle handeln, wobei dies nicht eindeutig geklärt ist. Wie auch immer, spannend ist es trotzdem und ein Besuch lohnt sich.


Nach etwas über 300 Kilometern Fahrt rollen wir in Inari auf den Uruniemi Camping, wo wir uns für 2 Nächte niederlassen. Hier am Ufer des Inarisees können wir nun so richtig in Skandinavien ankommen – das Wetter ist bestens, die Mücken halten sich einigermassen in Grenzen und wir geniessen unsere Grilladen und das Baden im See. Die Sonne geht wohl schon unter, aber nur für kurze Zeit, so dass das Dunkel der Nacht gar nie Überhand gewinnen kann. Es ist 24 Stunden lang hell.


Nach einem geruhsamen Aufenthalt am Ufer des Inarijärvi soll es nun aber Richtung Norden gehen. Wir wählen die Route entlang des Inarisees über die 971. Mal weg von der Verkehrs-Schlagader der E75. Und das ist durchaus lohnendswert – die Strasse ist gut ausgebaut, führt durch eine fantastische Seenlandschaft und das Verkehrsaufkommen ist äusserst gering. Genussvolles Reisen also. 


200 Kilometer später erreichen wir Kirkenes. Kirkenes liegt im äussersten Nordosten Norwegens direkt am Varangerfjord und gehört zur nördlichen Fylke (Bezirk) Finnmark. Die russische Grenze ist nah – 15 Kilometer wären es noch. Wir verzichten jedoch auf einen Abstecher zur Grenze und machen ein paar Schritte am Hafen, wo gerade ein Schiff der Hurtigruten liegt. Viele, mehrheitlich bereits ergraute Rollkoffertouristen treten hier die Seereise in Richtung Bergen an. Wir hingegen decken uns im Vinmonopolet noch mit zwei Flaschen guten Rotweins ein und verlassen Kirkenes wieder…der nördlichste Punkt Europas lockt.


Nach einer ziemlich holprigen Fahrt über eine Schlaglochpiste finden wir einen wunderschönen Platz an der Mündung des Tanaelv. Wir richten uns ein, pflücken unsere ersten Moltebeeren, machen Feuer und grillen unsere Rentierwürste. Es ist friedlich hier und die Nacht ist entsprechend ruhig. Einmal mehr schlafen wir wie die Murmeltiere.